Einführung eines landesweiten Abwasser-Monitorings als Frühwarnsystem gegen ein erneutes Ausbrechen der Pandemie

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Mehrdad Mostofizadeh

I. Ausgangslage

Die Pandemische Lage in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen hat sich momentan beruhigt. Die Zahl der Neuinfektionen ist stark gesunken, so dass wir wieder mehr Freiheiten zurückerlangen können. Die Pandemie ist allerdings noch nicht beendet.

Die Bürgerinnen und Bürger haben die Hoffnung, dass sich die Lage auf Dauer weiter entspannt. Trotzdem darf die Politik nicht nur auf einen guten Verlauf der Pandemie hoffen, sondern sie muss sich auf den schlimmsten Fall vorbereiten, um auf diesen bestmöglich reagieren zu können. Mutationen des Corona-Virus können, wie in England die sehr infektiöse Delta-Variante, die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung trotz einer fortgeschrittenen Impfkampagne wieder erhöhen.

II. Abwasser-Monitoring kann ein wirksames Frühwarnsystem sein, um einen lokalen Ausbruch des Virus frühzeitig zu erkennen und einzugrenzen.

Die Überwachung des Abwassers auf das Coronavirus und dessen Mutationen kann dabei ein wertvolles Frühwarnsystem im Kampf gegen die Pandemie sein. Forschungsprojekte zum Nachweis des Virus über eine Abwasseranalyse laufen bereits seit dem vergangenen Jahr sowohl in Deutschland als auch in vielen anderen Staaten. Beispielsweise in den Niederlanden wird das Instrument angewandt. Die gefundenen Konzentrationen des Virus und seiner Varianten in Abwasserproben erlauben dabei Rückschlüsse darüber, ob und welche Coronainfektionen in der Bevölkerung eines bestimmten Gebiets zu- oder abnehmen.

Gerade weil ein Teil der mit Coronaviren Infizierten keine Symptome entwickelt, aber dennoch Viren ausscheidet, können Abwasseruntersuchungen unabhängig von Tests ein wichtiger Hinweis auf steigende Infektionszahlen sowie entstehende Hotspots sein. Damit liegen diese Befunde bereits mehrere Tage vor den auf Testungen beruhenden Zahlen vor. (https://www.bmbf.de/de/corona-frueh-und-entwarnsystem-aus-dem-abwasser-14458.html (zuletzt abgerufen am 18.06.2021, 9:00).)

Der Virologe Martin Stürmer hat sich zum Zeitvorteil im Beitrag des WDR über das kommunale Abwasserüberwachungs-Projekt in Bonn wie folgt geäußert:

„Wenn man etwa sieben bis zehn Tage früher ein beginnendes Ausbruchsgeschehen erkennt, dann kann man auch in der Region überlegen, wo könnte das herkommen, wo muss ich möglicherweise mein Augenmerk drauf richten?“ (https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/abwasser-kontrolle-corona-100.html (Zuletzt abgerufen am 18.06.2021, 9:19).) Die EU-Kommission hat daher Mitte März die Mitgliedsstaaten aufgefordert, das SARS-CoV-2 Abwasser-Monitoring als zusätzliches diagnostisches Instrument für das COVID-19-Management einzusetzen. Konkret sollen die EU-Mitgliedsstaaten bis Oktober 2021 ihre Abwasserüberwachung so ausbauen, dass ein Großteil der Bevölkerung abgedeckt ist. Für Großstädte sollen die Kläranlagen mindestens 2-mal die Woche Proben analysieren.

In Deutschland wird das Abwasser-Monitoring in einigen Kommunen erprobt. In NRW laufen Pilotprojekte in Bonn, Köln und im Rhein-Erft-Kreis.

Allerdings sind die Analysen der Proben vor Ort aktuell schlicht nicht möglich. Zwar haben auch die Kläranlagen eigene Labore. Krankheitserreger können die Mitarbeiter dort aber nicht nachweisen. Dafür müssten die Labore technisch und personell aufgerüstet werden.

Das Abwasser-Monitoring ist ein Instrument, das Testungen ergänzen kann und keinen Eingriff in den Alltag der Bürgerinnen und Bürger darstellt. Gerade in Zeiten niedriger Infektionen nehmen die Menschen seltener Testangebote wahr. Der Vorteil der Abwassermethode ist, dass die Gesamtbevölkerung erfasst wird, unabhängig von der Bereitschaft, sich testen zu lassen oder den vorhandenen Testkapazitäten.

Es ist daher insgesamt ratsam, in allen Kreisen und kreisfreien Städten Proben der Abwässer auf SARS-CoV-2 und hochansteckende Mutationen zu untersuchen bzw. dies zu veranlassen. Durch diese Vorgehensweise kann in relativ kurzer Zeit ein Lagebild über die unerkannte Verbreitung entsprechender Virusvarianten in den Landkreisen gewonnen werden.

III. Der Landtag beschließt

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  1. die Aufforderung der EU umzusetzen, das Abwasser-Monitoring flächendeckend einzuführen.
  2. die Gesundheitsämter zur Gefahrenabwehr unverzüglich anzuweisen, in allen Kreisen und kreisfreien Städten Proben der Abwässer auf SARS-CoV-2 und hochansteckende Mutationen zu untersuchen bzw. dies zu veranlassen. Durch diese Vorgehensweise kann in relativ kurzer Zeit ein Lagebild über die unerkannte Verbreitung entsprechender Virusvarianten in den Landkreisen gewonnen werden.
  3. die Kommunen bei der Auswertung der Proben organisatorisch mit Sachmitteln, finanziell sowie personell zu unterstützen.