Menschen aus Nordrhein-Westfalen werden bei der Einreise in die Türkei festgesetzt – Was unternimmt die NRW-Landesregierung zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger?

Kleine Anfrage von Berivan Aymaz

Portrait Berivan Aymaz 2021

Ein vermeintlich falscher Retweet bei Twitter, ein missfallender Kommentar bei Facebook oder ein Like unter einem kritischen Beitrag bei Instagram – dies sind für die türkische Regierung ausreichende Gründe, um Menschen aus Deutschland bei der Einreise in die Türkei festzusetzen oder gar zu inhaftieren. Oftmals sind auch Mitglieder von Vereinen und Verbänden, die sich in Deutschland und Nordrhein-Westfalen engagieren, den Repressalien des Erdogan-Regierung ausgesetzt: So wurde zuletzt öffentlich bekannt, dass ein Präsidiumsmitglied der Kurdischen Gemeinde Deutschland e.V. bei der Einreise Ende Juli am Istanbuler Flughafen zeitweise festgenommen wurde. Am 02. August 2021 wurde auch der Fall des kurdischstämmigen Bochumer Geschäftsmannes G. öffentlich. Mit langjährigen Inhaftierungen sahen sich auch die Kölnerinnen Hozan Canê, kurdische Künstlerin, sowie ihre Tochter Ö. konfrontiert. Ebenso der Kölner Sozialwissenschaftler Adil Demirci und T., der langjährig in einem kurdischen Verein politisch engagiert ist. Das Erdogan-Regierung versucht so kritische Stimmen einzuschüchtern. Es gibt weitere Fälle, die nicht öffentlich werden. Betroffen sind vor allem Menschen türkischer oder kurdischer Herkunft, oftmals auch mit deutscher Staatsangehörigkeit.

Nordrhein-westfälische Sicherheitsbehörden verweisen auf Spionagenetzwerke, die Informationen über Oppositionelle an den türkischen Geheimdienst weitergeben. Diese reichen von Einzelpersonen bis hin zu Organisationen. Im nordrhein-westfälischen Landesverfassungsschutzbericht über das Jahr 2020 (S. 326) heißt es: „Neben den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Konsulaten bieten dem türkischen Staat hierzu insbesondere Organisationen wie die Union of International Democrats (UID), die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) oder die ultranationalistische Ülkücü-Bewegung (auch Graue Wölfe genannt) vielfältige Möglichkeiten. Die weitläufigen Netzwerke dieser Organisationen dienen nicht nur der Meinungsbildung im Sinne der Regierungspartei AKP, sie stellen zudem ein großes Personenpotential möglicher Zuträger und Hinweisgeber für den türkischen Nachrichtendienst dar. Eine aktive Steuerung oder Führung durch in Deutschland operierende hauptamtliche Mitarbeiter des MIT ist dabei nicht erforderlich, da Hinweise und Informationen über Dritte oder bei Heimatbesuchen übermittelt werden können.“

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Menschen aus Nordrhein-Westfalen sind derzeit in der Türkei festgesetzt und können nicht ausreisen? (Bitte nach Staatsangehörigkeit, Datum der Festsetzung und den vorgeworfenen Tatbeständen auflisten)
  2. Wie viele Menschen aus Nordrhein-Westfalen sind derzeit in der Türkei inhaftiert? (Bitte nach Staatsangehörigkeit, Dauer der Inhaftierung und den vorgeworfenen Tatbeständen auflisten)
  3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung, dass die Festsetzungen/Festnahmen auf Ausspähungen bzw. Denunziationen aus Deutschland zurückzuführen sind?
  4. Welche Maßnahmen trifft die nordrhein-westfälische Landesregierung, um Menschen in NRW auf die Gefahren bei einer Einreise in die Türkei hinzuweisen?
  5. Sind die Festsetzungen/Festnahmen von Menschen aus NRW Gegenstand von Gesprächen von Ministerpräsident Laschet gewesen? (Bitte nach Anlass, Gesprächspartner und Datum auflisten)