Tagebau-Blessem: Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus fehlenden Umsetzungen der Genehmigungen?

Kleine Anfrage von Wibke Brems und Norwich Rüße

Portrait Norwich Rüße
Portrait Wibke Brems 5-23

In Folge des Hochwasserereignisses Mitte Juli dieses Jahres, kam es in Erftstadt-Blessem zu einem Wassereintritt in den dort im Überschwemmungsgebiet der Erft liegenden Tagebau. Nach bisherigen Erkenntnissen der von der Landesregierung beauftragten Gutachter war die Hochwasserschutzanlage im südlichen Bereich des Altabbaubereiches zum Zeitpunkt des Hochwasserereignisses in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand und gab den anströmenden Wassermaßes bereits bei einem niedrigen Wasserstand nach. Anschließend kam es durch den enormen Zustrom in den Tagebau zu großflächigen Erosionen durch die mehrere Gebäude zerstört wurden.

Neben der Frage, warum die Hochwasserschutzanlage nicht in ordnungsgemäßem Zustand war, obwohl die Bergbehörde zwischen 2015 und 2021 zehn Vor-Ort-Kontrollen im Tagebau durchführte, ist unklar warum die ursprünglichen Genehmigungsauflagen aus dem Jahr 2001 nicht umgesetzt wurden. Diese sahen zum Ausgleich der Inanspruchnahme von Überflutungsbereichen die Vorbereitung für eine Flutung des Tagebaus im Hochwasserfall vor. In der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5898 gibt die Landesregierung die entsprechenden Auflagen wörtlich wider. Es wurden konkrete Vorgaben dazu gemacht, wie eine sichere Flutung des Altbereiches der Kiesgrube gewährleistet werden sollte. Diese sollte spätestens nach einem Betriebsjahr möglich sein. Diese Betriebsplanzulassung wurde bis 2011 verlängert. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Anforderungen also bereits seit Jahren umgesetzt sein müssen. Allerdings sah sich das Unternehmen nicht in der Lage, die von der Oberen Wasserbehörde geforderte Abdichtung zum Schutz des Grundwassers umzusetzen und legte bei anschließenden Genehmigungsanträgen mehrfach geänderte Planungen vor.

In der Zulassung des 2. Hauptbetriebsplanes vom 24.02.2015 wurde eine umlaufende Hochwasserschutzanlage gefordert. Umgesetzt waren die Anforderungen an einen Ausgleich der durch den Tagebau in Anspruch genommenen Überschwemmungsbereiche aber bis zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht. Folglich wurden die durch den Tagebau wegfallenden Retentionsräume der Erft bis heute in keiner Weise ausgeglichen, trotzdem erfolgten in der Zwischenzeit immer wieder neue Betriebsplanzulassungen oder Verlängerungen geltender Betriebsplanzulassungen. Eine nachvollziehbare Begründung für die mangelnde Durchsetzung der eigenen Genehmigungsanforderungen ist die Landesregierung bis heute schuldig geblieben.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aus dem Umstand ziehen, dass die offensichtlichen Schäden an der Hochwasserschutzanlage, die nach heutigem Erkenntnisstand ein Eindringen des Hochwassers in den Altbereich des Tagebaus-Blessem ermöglichten, trotz zehn Vor-Ort-Terminen durch die Bergbehörde zwischen 2015 und 2021, nicht erkannt wurden?
  2. Wie erklärt die Landesregierung, dass, obwohl Nebenbestimmungen nicht erfüllt wurden, mehrmals Betriebsplanzulassungen erteilt, verlängert oder geändert wurden? Beispielhaft sei die Zulassung des 1. Hauptbetriebsplans vom 28.02.2001 genannt, die zwischenzeitlich bis zum 30.06.2011 verlängert wurde, obwohl die in den Ziffern 2.15 bis 2.19 formulierten Nebenbestimmungen zum Ausgleich des Retentionsraums der Erft nicht fristgerecht geschaffen wurden.
  3. In der Zulassung des 3. Hauptbetriebsplans vom 25.09.2015 wird gefordert, entweder entsprechend des Vertrages zwischen dem Unternehmen, dem Erftverband und dem heutigen Rhein-Erft-Kreis vom 24.08.2000 den in Anspruch genommenen Retentionsraum auszugleichen oder bis zum 01.12.2015 der Bergbehörde eine neue Vereinbarung mit dem Erftverband vorzulegen. Inwiefern kann die Landesregierung bestätigen, dass das Unternehmen dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen ist?
  4. Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aus dem Umstand ziehen, dass für Den Hochwasserschutz wesentliche Nebenbestimmungen in den Betriebsplanzulassungen über mehrere Jahre bzw. mehrere Zulassungen durch die Bergbehörde hinweg nicht wie gefordert umgesetzt wurden?
  5. Inwiefern kann die Landesregierung ausschließen, dass auch bei anderen Tagebauen bzw. Gewinnungsbetrieben für den Hochwasserschutz wesentliche Nebenbestimmungen in Betriebsplanzulassungen oder anderen Genehmigungsbescheiden nicht wie gefordert umgesetzt wurden?