Änderungsantrag zum Entwurf des Teilhabe- und Integrationsgesetzes

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN

Portrait Berivan Aymaz 2021

Die Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen, den genannten Gesetzentwurf wie folgt zu ändern:

  1. Die Präambel wird wie folgt geändert:
    a. In Ziffer 1 wird nach dem Wort „gedeihliches,“ das Wort „chancengerechtes,“ einge­fügt.
    b. Ziffer 2 wird wie folgt gefasst:
    „jeglichen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Diskriminie­rung aufgrund von Geschlecht, Alter, Abstammung, Herkunft, Religion, sexueller und geschlechtlicher Identität oder Behinderung wie zum Beispiel Antisemitismus, Rassismus, Antiziganismus und antimuslimischem Rassismus entschieden entge­genzutreten ist und Betroffene von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegen Diskriminierung zu stärken sind,“
  2. § 2 wird wie folgt geändert:
    a. In Absatz 4 wird nach den Wörtern „antimuslimischen Rassismus,“ das Wort „Sexis­mus,“ eingefügt.
    b. Absatz 5 werden folgende Sätze angefügt:

„Die Integrationspolitik des Landes unterstützt Menschen mit Einwanderungsge­schichte. Unabhängig von Einwanderungs- oder Aufenthaltsstatus unterstützt sie Menschen, die von rassistischer oder anderer Diskriminierung betroffen sind.“

  1. In § 3 Absatz 6 wird Satz 2 wie folgt gefasst:

„Auf die verbindliche Berücksichtigung von interkultureller Kompetenz und Rassismus-sensibilität ist im Rahmen von Aus-, Fort- und beruflicher Weiterbildung der Beschäftig­ten hinzuwirken.“

  1. § 7 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
    a. In Satz 1 werden nach dem Wort „entgegenzuwirken“ die Wörter „und das Empower­ment von Betroffenen zu unterstützen“ eingefügt.
    b. Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

„Das Land räumt präventiven Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung und Mehrfachdiskriminierung Vorrang ein.“

  1. In § 8 Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„Das Integrationskonzept soll die Zusammenarbeit und Abstimmung mit freien Trägern vorsehen.“

  1. § 10 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Der Zugang zu Bildung ist ein Menschenrecht und gilt entsprechend für die Kinder Asylsuchender in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes. Nord­rhein-Westfalen kommt dem Recht auf Bildung der Kinder Asylsuchender für die Dauer des Aufenthalts in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) durch ein schulna­hes Bildungsangebot nach. Das Land gewährleistet nach den Bestimmungen des Schul­gesetzes NRW in der jeweils geltenden Fassung den schnellstmöglichen Zugang zu ei­ner Regelschule.“

  1. In § 12 Absatz 3 werden in den Sätzen 2 und 3 die Wörter „muslimischer und alevitischer“

jeweils durch die Wörter „muslimischer, alevitischer und anderer“ ersetzt.

Begründung:

Am 1. Oktober 2021 hat der Integrationsausschuss eine öffentliche Anhörung von Sachver­ständigen zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein „Gesetz zur Förderung der gesell­schaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen (Teilhabe- und Integrationsge­setz – TIntG)“ durchgeführt. Aus dieser Anhörung sowie den weiteren Beratungen der Frakti­onen hat sich Änderungs- und Anpassungsbedarf zum Entwurf ergeben. Diesem soll mit den aufgeführten Änderungen entsprochen werden.

Zu Nummer 1.

a. Zu einem gedeihlichen, respekt- und friedvollen Zusammenleben zählt auch der Aspekt der Chancengerechtigkeit. Diese Ergänzung zielt nicht auf eine absolute Gleichberech­tigung ab, da bspw. einzelne Rechte auf deutsche Staatsangehörige begrenzt sind. Viel­mehr soll ausgedrückt werden, dass sich alle Menschen ohne Benachteiligungen auf Augenhöhe begegnen sollen.

b. Einerseits handelt es sich um eine redaktionelle Änderung mit der die allgemeinen As­pekte von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung der Nennung konkreter Formen vorangestellt werden sollen. Andererseits soll der Auftrag betont wer­den, dass Betroffene von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gezielt zu stärken sind.

Zu Nummer 2.

a. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bis hin zur Frauenfeindlichkeit bedroht Frauen mit und ohne Einwanderungsgeschichte. Deshalb ist bei den konkreten Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit die explizite Aufnahme des Sexismus an­gezeigt, so werden bspw. auch Homo- und Transfeindlichkeit im Gesetzestext aufge­führt.

b. Auch Menschen mit internationaler Familiengeschichte über mehrere Generationen, die nach Definition dieses Gesetzes keine Einwanderungsgeschichte haben, sind häufig Diskriminierungen und Anfeindungen aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens, ihrer Religion oder anderer gesellschaftlicher Zuschreibungen anhand äußerer Merk­male ausgesetzt. Mit der Ergänzung soll ausgedrückt werden, dass auch diese Men­schen als Zielgruppe der Integrationspolitik vom Gesetz erfasst werden.

Zu Nummer 3.

In Maßnahmen und Veranstaltungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Landesbeschäf-tigten sollen neben interkulturellen Kompetenzen weitere Inhalte behandelt werden, um insbe­sondere die Kompetenz gegenüber Rassismus zu erweitern. Mit dem Begriff „hinzuwirken“ anstelle des Begriffs „anzustreben“ soll eine stärkere Verbindlichkeit hinsichtlich der Berück­sichtigung dieser Inhalte ausgedrückt werden, soweit dies bei Fort- und Weiterbildungen durch Angebote Dritter umsetzbar ist.

Zu Nummer 4.

a. Über die Beratung und Unterstützung in Diskriminierungsfällen hinaus sollen von Diskri­minierung Betroffene gezielt durch geeignete Maßnahmen gestärkt werden.

b. Neben den eher reaktiven Maßnahmen zur Unterstützung von Betroffenen sollen Maß­nahmen, die darauf ausgerichtet sind, Diskriminierung vorzubeugen, wie bspw. zum Ver­ständnis kultureller Vielfalt und zum Abbau von Vorurteilen langfristig stärker betont wer­den.

Zu Nummer 5.

Freie Träger sind ein wichtiger Bestandteil in der kommunalen Integrationsstruktur. Die Einbe­ziehung zivilgesellschaftlicher Akteure in die Integrationsprozesse hat lange Tradition in Nord­rhein-Westfalen und ist in den Förderungsrichtlinien auch vorgesehen. Die Zusammenarbeit von Kreisen und kreisfreien Städten mit freien Trägern soll deshalb auch als Bestandteil des Integrationskonzepts im Gesetz aufgenommen werden.

Zu Nummer 6.

Für Kinder und Jugendliche von Asylsuchenden, die einen Asylantrag gestellt haben, beginnt die Schulpflicht in Nordrhein-Westfalen und damit der Zugang zu Regelschulen nach den Best­immungen des Schulgesetzes NRW, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind. Mit der Einrichtung eines schulnahen Bildungsangebots in den Zentralen Unterbringungseinrichtun­gen des Landes erhalten auch die Kinder und Jugendlichen von Asylsuchenden in Nordrhein-Westfalen, die in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen untergebracht sind, unabhängig von ihrer Bleibeperspektive unmittelbar nach Ankunft in Deutschland einen auf deren beson­dere Bedürfnisse angepassten Zugang zum Bildungssystem. Damit kommt das Land dem Recht auf Bildung dieser Kinder und somit Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention für den begrenzten Zeitraum des Aufenthalts in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen nach. Die Zuweisung von Familien mit schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen in die Gemeinden er­folgt in der Regel nach sechs Monaten. Diese Zusammenhänge und Erwägungen sollen durch die Änderung des Absatzes verdeutlicht werden.

Zu Nummer 7.

Die Förderung des gesellschaftlichen Engagements von Muslimen und Aleviten mit der zu diesem Zweck eingerichteten Koordinierungsstelle und die Neuausrichtung des Dialogs mit den islamischen Verbänden sollen gesellschaftlicher Diskriminierung und antimuslimischem Rassismus entgegenwirken sowie zur besseren Partizipation von Muslimen und Aleviten bei­tragen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Eine besondere Förderung dieser Personengruppen und deren Verankerung im Gesetz ist aus diesen Erwägungen gerechtfer­tigt. Die religiös-weltanschauliche Neutralität des Landes wird dabei gewahrt, da es sich nicht um Religionsausübung bzw. religionsbezogene Inhalte handelt und dieser Bereich des gesell­schaftlichen Engagements bislang nicht wie bei christlichen oder jüdischen Verbänden wohl-fahrtlich organisiert ist und daher nicht unmittelbar über Absatz 1 gefördert werden kann. Die Vielfalt religiöser Herkünfte ist aber auch durch die Einwanderung seit 2015 gestiegen. Um diese Entwicklung zu berücksichtigen, vergleichbare Formen gesellschaftlichen Engagements von Vereinen, Verbänden und Initiativen mit religiöser Prägung bzw. Werteorientierung einzu­beziehen und eine Einengung nur auf Muslime und Aleviten zu vermeiden, soll eine offenere Formulierung gewählt werden.