Betreibt Ministerpräsident Wüst bewusste Desinformation über die Windenergie?

Kleine Anfrage von Wibke Brems

Portrait Wibke Brems 5-23

Die Akzeptanz für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Bevölkerung ist eine wichtige Voraussetzung, um die Klimaschutzziele erreichen zu können. Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter haben aufgrund des in sie qua Amt gesetzten Vertrauens eine besondere Verantwortung, diese Akzeptanz nicht durch die Verbreitung von Falschinformationen zu gefährden. Dies gilt in besonderer Weise für den Ministerpräsidenten. In der WDR-Sendung Westpol am 7. November 2021 verteidigte Ministerpräsident Hendrik Wüst die Beibehaltung eines pauschalen Mindestabstandes von neuen Windenergieanlagen zur Wohnbebauung mit den Worten: „Die Menschen im Dorf, die finden es gar nicht witzig, wenn ihnen die Windräder direkt ans Haus rangebaut werden.“

Diese Aussage erweckt den Eindruck, vor Einführung der pauschalen Mindestabstandsvorgaben von 1.000 Metern durch die Landesregierung, habe es keinerlei Immissionsschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner vor Windenergieanlagen gegeben. Es kann jedoch vorausgesetzt werden, dass auch Ministerpräsident Wüst in groben Zügen die geltenden Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes kennt. Er weiß daher, dass dieses Gesetz einen wirksamen Schutz der Menschen vor den Emissionen nicht nur von Verkehrsinfrastruktur, sondern genauso von Energieerzeugungsanlagen bietet. In der Praxis führen die Anforderungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes, die spezifisch für jede einzelne Anlage im Zuge des Genehmigungsverfahrens überprüft werden, zu Abständen zur nächstgelegenen Wohnbebauung, die in der Regel die dreifache Anlagenhöhe nicht unterschreiten. Direkt an Wohnbebauung konnten also auch vor Einführung der pauschalen Mindestabstandsvorgaben keine Windenergieanlagen gebaut werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Windenergieanlagen sind der Landesregierung bekannt, die unmittelbar an Wohnbebauung grenzen?
  2. Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung der geringste Abstand im Verhältnis zur Anlagenhöhe einer in Betrieb befindlichen Windenergieanlage in NRW zur nächstgelegenen Wohnbebauung? (Bitte um Angabe des Standortes, der Anlagenhöhe in Metern und des Abstandes zur nächstgelegenen Wohnbebauung in Metern)
  3. Wie groß ist der durchschnittliche Abstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung der bisher in 2021 genehmigten Windenergieanlagen in NRW? (Bitte um Angabe des Standortes, der Anlagenhöhe in Metern und des Abstandes zur nächstgelegenen Wohnbebauung in Metern)
  4. Vor welchen tatsächlichen Immissionen einer Windenergieanlage schützt nach Ansicht der Landesregierung das geltende Bundesimmissionsschutzgesetz die Anwohnerinnen und Anwohner von Windenergieanlagen nicht ausreichend?
  5. Wann wird die Landesregierung eine Überarbeitung der Potenzialstudie Windenergie vorlegen, in welcher die Einschränkungen der neueingeführten 1000-Meter-Mindestabstandsvorgaben auf das für die Windenergie zur Verfügung stehende Flächenpotenzial dargestellt werden?