Einsamkeit bekämpfen – Ehrenamt stärken

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

I. Ausgangslage

Einsamkeit ist Teil der Lebenssituation vieler Menschen aller Altersgruppen und ist eine wach­sende Herausforderung in unserer Gesellschaft. Die Zahl der Menschen in Nordrhein-Westfa­len, die unter chronischer Einsamkeit leiden, hat während der Pandemie zugenommen. Man kann davon ausgehen, dass von diesem Anstieg Jugendliche und junge Erwachsene, Eltern kleiner Kinder und Alleinlebende besonders betroffen sind.

Zu den vulnerablen Gruppen gehören in Nordrhein-Westfalen u. a. Menschen mit Behinde­rung, pflegende Angehörige, Menschen in Pflegeeinrichtungen und mit psychischen Erkran­kungen, Menschen mit internationaler Biographie, junge Menschen, Alleinerziehende, Perso­nen mit niedrigem Einkommen oder Erwerbslose.

Das Gefühl Einsamkeit wird beschrieben als die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den erwünschten und den tatsächlichen sozialen Beziehungen. Es kann durch viele Faktoren aus­gelöst werden, neben dem Verlust eines geliebten Menschen oder Veränderungen im Freun­deskreis gehören auch Umzüge und andere Veränderungen der Lebenswirklichkeit dazu. Be­troffen sind insbesondere Menschen in Umbruchsphasen.

Einsamkeit ist keine Krankheit, aber sie kann krank machen und kann signifikante Auswirkun­gen auf die körperliche und psychische Gesundheit haben. Studien haben gezeigt, dass sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, zu Depressionen und suizidalen Gedan­ken führt und sogar die Lebenserwartung reduzieren kann.

Viele betroffene Menschen sprechen nicht gerne über ihre Einsamkeit. Gerade deshalb ist es wichtig, die Stigmatisierung abzubauen und das Thema öffentlich anzusprechen. Die Koalition von CDU und GRÜNEN begrüßt deshalb ausdrücklich, dass die Landesregierung insgesamt in ihren öffentlichen Auftritten das Thema immer wieder in den Fokus rückt. Seit Ende 2022 wurde in der Staatskanzlei eine Stabsstelle eingerichtet, die sich ausdrücklich dem Thema Einsamkeit widmet. Damit wurde eine Ansprechstelle geschaffen.

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN sieht Einsamkeit als ein Querschnittsthema an, welches alle Gesellschaftsschichten durchzieht und betrifft. Um Einsamkeit zu bekämpfen, müssen wir dementsprechend in vielen Bereichen Maßnahmen ergreifen.

Wir müssen Orte und neue Begegnungsräume schaffen, an denen sowohl ältere als auch jüngere Menschen zusammenkommen und sich begegnen können, wie zum Beispiel in einem lebendigen Quartier. Es ist wichtig, diese barrierefreien für jeden bzw. jede zugänglichen Orte zu stärken und zu fördern, damit sie ihre Funktion als Treffpunkte für alle Generationen erfüllen können. Wir sehen dabei die Quartiersentwicklung als einen unverzichtbaren Baustein und Anknüpfungspunkt.

Bei der Prävention von Einsamkeit müssen wir schon ganz früh anfangen und Kindern und Jugendlichen das Wissen vermitteln, um Resilienz gegen Einsamkeit aufbauen zu können.

Um Menschen das Gefühl der Einsamkeit zu nehmen, muss ihnen der Kontakt und Austausch zur Gesellschaft vor Ort ermöglicht werden. Ein sehr wichtiger Baustein ist hierbei das Ehren­amt. Bereits jetzt engagiert sich eine große Zahl von Menschen ehrenamtlich gegen Einsam­keit. Weil das Ehrenamt für die Bekämpfung von Einsamkeit unverzichtbar bleibt, wollen wir es stärken und auf seine Expertise und die Kreativität zurückgreifen.

Wir wollen allen Menschen soziale Teilhabe ermöglichen. Für uns ist Einsamkeit vermeidbar. Es ist möglich und unerlässlich, dagegen anzukämpfen. Einsamkeit ist für jede und jeden Ein­zelnen belastend.

Gelebter Zusammenhalt heißt, miteinander und nicht nebeneinander zu leben. Hinzuschauen, wie es der oder dem anderen geht und aufeinander achtzugeben. Auch dafür steht die Zu­kunftskoalition von CDU und GRÜNEN.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest,

  • dass Einsamkeit ein bedeutendes, gesamtgesellschaftliches Problem ist, das mehr Auf­merksamkeit bedarf.
  • dass Einsamkeit ein Querschnittsthema ist, das viele Lebens- und Gesellschaftsberei­che betrifft.
  • dass ehrenamtlich tätige Menschen in unserem Land bereits einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Einsamkeit leisten. Es gilt, sie weiter zu stärken und zu fördern.
  • dass die Landesregierung bereits mehrfach und zu verschiedenen Anlässen das Thema Einsamkeit adressiert hat und es aus der Tabu-Zone führt.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • den ehrenamtlichen Einsatz zur Bekämpfung von Einsamkeit weiter zu stärken und den ehrenamtlichen Menschen konkrete Unterstützung zukommen zu lassen.
  • eine Strategie zur Einsamkeitsbekämpfung und -prävention zu erarbeiten und regelmä­ßig zu evaluieren. Dabei sind u. a. folgende Säulen zu beachten:
  • Einbeziehung von Expertinnen und Experten
  • Sammlung und Bündelung von Best-Practice-Beispielen
  • enger Dialog mit dem Bund und den anderen Bundesländern
  • einen Aktionsplan gegen Einsamkeit mit konkreten Maßnahmen zu erstellen.
  • eine Einsamkeitskonferenz mit den Beteiligten und Betroffenen einzuberufen.
  • das Schwerpunktthema 2024 beim Förderprogramm „2.000 x 1.000 Euro für das Enga­gement“ auf die Förderung von Projekten gegen Einsamkeit auszurichten.
  • eine Studie in Auftrag zu geben, die den Anstieg von Einsamkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen untersucht, um dazu gezielt früh wirksame Strategien zur Präven­tion zu entwickeln.
  • den federführenden Ausschuss jährlich über die Erfolge in der Einsamkeitsbekämpfung zu unterrichten.