Ungeordnetes Krankenhaussterben verhindern – auskömmliche Refinanzierung hoher Kostensteigerungen der Krankenhäuser dauerhaft sicherstellen!

Portrait Meral Thoms

I. Ausgangslage

Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser hat sich in den letzten Jahren trotz erheblicher Bemühungen der Landes- und Bundesregierung massiv verschlechtert. Die schlechte Lage vieler Krankenhäuser wird durch zahlreiche Studien wie zum Beispiel den „Krankenhaus Rating Report 2023“ bestätigt. Bundesweit kommen immer mehr Krankenhäuser in wirtschaftliche Schwierigkeiten, auch weil inflationsbedingte Kostensteigerungen, steigende Energiekosten und nicht zuletzt hohe Tarifabschlüsse nicht ausreichend durch das System der diagnose- bezogenen Fallpauschalen refinanziert werden. Für viele Krankenhäuser wird die Reform der Krankenhausfinanzierung, auf deren Eckpunkte sich Bund, Länder und Regierungsfraktionen auf Bundesebene mit großer Mehrheit am 10. Juli 2023 verständigt haben, zu spät kommen. Der für die Regelung der Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser zuständige Bund steht deshalb in der Verantwortung, weitere wirksame Sofortmaßnahmen zur Liquiditätssicherung der Krankenhäuser zu ergreifen.

Als wesentliche Ursache wird der Rückgang der Ausgleichszahlungen im Rahmen der Corona- Pandemie bei anhaltend niedrigen Fallzahlen im Vergleich zur Situation vor der Pandemie genannt. In diesem Kontext ist auch die zunehmende Ambulantisierung von Leistungen zu nennen. Hinzu kommen unzureichend abgebildete allgemeine Kostensteigerungen. Diese wurden und werden zwar zum Teil durch steuerfinanzierte Sonderprogramme des Bundes ausgeglichen. Insgesamt besteht jedoch eine deutliche zusätzliche finanzielle Belastung der Krankenhäuser, die derzeit nicht zeitnah refinanziert wird. So gab es zwar einen pauschalen Ausgleich für die Energiekosten und mittelbar damit verbundene Kostensteigerungen. Diese betreffen aber viele weitere Bereiche. Kosten für Medizinprodukte, Arzneimittel und Lebens- mittel und Fachkräfteengpässe verschärfen diese Lage weiter.

Daneben werden aktuell nicht alle Tarifsteigerungen für Krankenhäuser voll refinanziert. Zwar wird über das Pflegebudget die sogenannte „Pflege am Bett“ voll refinanziert, bei den weiteren Berufsgruppen, wie zum Beispiel der Ärztinnen und Ärzte, werden nur teilweise übernommen.. Gerade in der Krankenhausversorgung sind die Personalkosten aber ein großer Kostenfaktor.

Eigentlich sollen diese Kosten- und auch Tarifsteigerungen im stationären Krankenhausbereich über den jährlich auf Landesebene von der Selbstverwaltungsebene zu vereinbarenden sogenannten  Landesbasisfallwert  abgebildet  werden.  Die  bundesgesetzlichen

Rahmenvorgaben im Krankenhausentgeltgesetz zur Ermittlung des Landesbasisfallwerts, die Grundlage für die jährlichen Verhandlungen der Selbstverwaltung sind, bilden allerdings Preissteigerungen nur teilweise und teilweise erst mit einem Zeitverzug ab.

So wurden die Landesbasisfallwerte in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2022 und 2023 bis zur maximalen bundesrechtlich erlaubten Obergrenze gesteigert. Die tatsächliche Kostenentwicklung wird erst mit Zeitverzug im Landesbasisfallwert abgebildet und das Defizit der Krankenhäuser verschärft sich. So lag der Veränderungswert 2023 nur bei 4,32 Prozent während die Inflationsrate im Juli 2023 bereits 6,2 Prozent betrug.

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN fordert deshalb vom Bund, die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser dauerhaft auf eine nachhaltige und tragfähige Grundlage zu stellen. Sie begrüßen daher die Reformpläne der Bundesregierung – auch mit Blick auf die angestrebten Verbesserungen bei der Qualität und Verlässlichkeit der Versorgung. Gleichzeitig besteht aber sofortiger Handlungsbedarf zur Liquiditätssicherung der Krankenhäuser.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Viele Krankenhäuser haben derzeit existentielle wirtschaftliche
  • Durch das aktuelle Vergütungssystem werden hohe Kostensteigerungen der Krankenhäuser, insbesondere durch Inflation und Tarifsteigerungen, teilweise unvollständig und erst mit Zeitverzug abgebildet. Dies verschärft neben strukturellen Problemen die aktuelle finanzielle Notlage der Krankenhäuser.
  • Diese Kostensteigerungen können über den Landesbasisfallwert nur unzureichend ab- gebildet Eine schnellere Anpassung der Landesbasisfallwerte ist daher notwendig und sachgerecht.
  • Es besteht für die Länder keine Möglichkeit, eine durch unzureichend oder verspätet abgebildete Kostensteigerung hervorgerufene Finanzierungslücke zu schließen. Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit für die Betriebskostenfinanzierung liegt beim Bund.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, die Bundesregierung aufzufordern,

  • die rechtliche Grundlage für eine einmalige rückwirkende Anpassung der Landesbasis- fallwerte für die Jahre 2022 und 2023 um 4 Prozent zu schaffen. Dabei hat der Bund ebenfalls festzulegen, ob die dadurch entstehenden Mehrkosten durch die Kostenträger GKV und PKV oder durch Bundesmittel aufzubringen sind.
  • die Systematik zur Berechnung des Orientierungswertes und des Veränderungswertes generell mit dem Ziel zu überarbeiten, zukünftig die krankenhausspezifischen durchschnittlichen Kostensteigerungen zeitnaher im Landesbasisfallwert abzubilden. Dabei sollte auch überprüft werden, inwiefern zusätzlich künftig weitere prognostische Elemente in die Berechnung einbezogen werden können und welche Auswirkungen dies auf die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung haben würde. Nur so lässt sich eine angemessene Finanzierung sicherstellen.
  • die Sicherstellung einer regelhaften Finanzierung der vollen Tarifsteigerungen ab dem Jahr 2024 durch eine entsprechende Anpassung der bisherigen Berechnungssystematik für die Berufsgruppen, die außerhalb des Pflegebudgets zu finanzieren sind, übergreifend zu gewährleisten.
  • die aktuelle Übergangsregelung zur Zahlungsfrist von Krankenhausrechnungen nach
  • 415 SGB V, die für Krankenkassen ein verkürztes Zahlungsziel von fünf Tagen vorsieht, zur Liquiditätssicherung zu verstetigen.